Blutfarmen - so leiden trächtige Stuten in Island
Das grausame Geschäft mit Pferdeblut läuft in Island bereits seit über 40 Jahren, bisher war das jedoch den wenigsten bekannt, auch den meisten Isländern selbst nicht. Im November 2021 jedoch veröffentlichte die Animal Welfare Foundation (AWF) Recherchen, die systematische Tierschutzprobleme auf isländischen Blutfarmen aufdeckten. Sabrina Gurtner von der AWF berichtet, dass die Blutfarmen über die ganze Insel verteilt sind. Aktuell sind ihnen dort 110 Blutfarmen bekannt, auf denen 5.386 Blutstuten „genutzt“ werden. „Jetzt soll die Produktion noch einmal vervierfacht werden“, so Gurtner.
Was passiert auf den Blutfarmen?
Mit Holzbalken und Stangen werden die trächtigen Stuten grausam in Fixier-Boxen getrieben, oft auch zusammen mit dem Einsatz von Hunden. Sie werden brutal festgegurtet, damit sie nicht steigen können. Eine fünf Millimeter dicke Kanüle wird den panischen Tieren in die Halsvene eingeführt, um ihnen dann jede Woche fünf Liter Blut abzuzapfen. Pro Saison ergibt das im Schnitt 40 Liter, das sind bis zu 20 Prozent mehr, als die trächtigen Stuten Blut im Körper haben. Für die Farmer sind die Fohlen längst nur ein lästiges Nebenprodukt des lukrativen Blutgeschäfts. Sie werden unter anderem auch nach Deutschland transportiert, um dort zu Hunde- und Katzenfutter verarbeitet zu werden.
Warum wird den Stuten das Blut abgenommen?
Im Blut der tragenden Stuten ist das Hormon „Pregnant Mare Serum Gonadotropin“ (PMSG) enthalten. Daraus produzieren Pharmafirmen Hormonprodukte, welche dann in der industriellen Tierzucht eingesetzt werden. Beispielsweise nutzen Schweinezüchter das Hormon um die Ferkelproduktion industriell zu takten. Die Muttersauen werden somit gleichzeitig brünstig und künstlich befruchtet. Die Geburten der Ferkel laufen dann bis auf wenige Stunden genau synchron ab. Und so können die Tiere auch alle gleichzeitig zum Mäster. Diese Taktung macht dann das Schweinefleisch im Supermarkt um einige Cents günstiger – alles auf Kosten der Tiere!
Tierschutzorganisationen schlagen Alarm!
Gemeinsam mit vierzehn weiteren Tierschutzorganisationen haben die AWF, der Deutsche Tierschutzbund und die Eurogroup for Animals Beschwerde bei der Überwachungsbehörde der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) eingereicht. Nach Auffassung der Antragsteller verstoßen die umstrittenen Blutfarmen in Island gegen das im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) geltende Tierschutzgesetz. Laut der Pressemeldung des Deutschen Tierschutzbundes verweist die Beschwerde unter anderem darauf, dass diese EU-Richtlinie nicht eingehalten wird. Als Mitglied der EFTA muss Island die Vorschriften des Europäischen Wirtschaftsraums befolgen. Des Weiteren wird in der Beschwerde darauf hingewiesen, dass die Blutentnahme für die Gewinnung von PMSG von den isländischen Behörden nicht genehmigt werden sollte, da sie gegen das 3R-Prinzip (Replacement, Reduction und Refinement) verstößt. Darauf beruht die im EWR geltende EU-Richtlinie und damit das isländische Gesetz zum Schutz von für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tieren. „Das 3R-Prinzip legt fest, dass Tierversuche, wann immer möglich, durch alternative, tierfreie Methoden zu ersetzen sind“, erklärt Dr. Esther Müller, Geschäftsführerin Wissenschaft beim Deutschen Tierschutzbund. Diese Alternativen gibt es im Fall von PMSG. Für den deutschen Markt nennt die deutsche Bundesregierung 36 synthetische Alternativprodukte. Darüber hinaus lässt sich eine höhere Fruchtbarkeit auch durch artgerechtere Haltung und hormonfreie Methoden erzielen, wie sie in der ökologischen Landwirtschaft angewandt werden.
Kein unbekanntes Problem
Bereits 2015 stieß die AWF in Uruguay und Argentinien auf Blutfarmen. Dort wurde den trächtigen Stuten bis zu zehn Liter Blut pro Woche abgezapft, immer wieder starben dabei die Muttertiere oder Fohlen wurden abgetrieben. Nachdem sich die Veröffentlichung zu einem Skandal ausweiteten und ein Aufschrei um die Welt ging, haben mehrere Pharmaunternehmen den Import von PMSG aus Südamerika gestoppt. Doch damit war die Qual nicht vorbei – sie hat sich nur verlagert: „Sie haben sich neue Lieferanten gesucht“, berichtet Sabrina Gurtner. „Seitdem beziehen die Firmen PMSG aus Europa. Der wichtigste europäische Produzent des Hormons ist das isländische Pharmaunternehmen ‚Isteka ehf‘.“
Jeder kann helfen, das Leid zu stoppen!
Während die Mühlen auf politischen Ebenen langsam mahlen, kann jeder Verbraucher selbst dazu beitragen, das unendliche Tierleid zu stoppen. Nicht nur die Schweine in der Mast haben ein Leben voller Qualen und Schmerzen, auch die Stuten werden grausem ausgenutzt. Verzichten Sie auf Fleisch aus industrieller Tierhalten und greifen Sie zum Wohl der Tiere auf pflanzenbasierte Alternativen zurück.