Insekten – Proteinquelle der Zukunft?

Mehlwürmer
unsplash.com / Mehlwürmer

Der Begriff „Novel Food“ ist derzeit in aller Munde. „Neuartige Lebensmittel“, so die deutsche Übersetzung, die bisher nicht in nennenswertem Umfang in der EU im Handel vorzufinden waren und in anderen Kulturkreisen verbreitet sind, müssen ein Zulassungsverfahren in der EU durchlaufen. Auch die mittlerweile in vielen Haushalten konsumierten Chiasamen gelten als Novel Food, die mit ihrem hohen Gehalt an Ballaststoffen, Eiweiß und Omega-3-Fettsäuren besonders wertvoll für die menschliche Ernährung sind und viele andere Lebensmittel in den Schatten stellen. Die Industrie befasst sich im Moment mehr und mehr mit Insekten, deren Haltung, Vermarktung und Verzehr.

Insektenindustrie = Energiefresser?
Um endlich den extrem hohen Fleischkonsum zu senken, ist es zwingend erforderlich, die Entwicklung alternativer Proteinstrategien voranzutreiben. Insektenproteine jedoch müssen hierbei sehr kritisch betrachtet werden. Derzeit befinden sich 14 Insektenarten im Zulassungsverfahren zum Novel Food, dabei gibt es immer noch wenige Studien zur Ökobilanz der Insektenhaltungssysteme. Die Anlagen und auch der Verarbeitungsprozess selbst (Schockfrosten, Kochen, Trocknen und Vermahlen) benötigen große Mengen an Energie. Darüber hinaus sollen Insekten nicht nur für den menschlichen Verzehr, sondern auch für die Ernährung von Tieren in Masthaltungen eingesetzt werden. In Bezug auf den Klimaschutz ist ein solches Vorgehen verheerend.

Auch Insekten haben ein Schmerzempfinden!
Bei der ganzen Debatte darf nicht vergessen werden, dass derzeit nur sehr wenig über die tatsächlichen Ansprüche und Bedürfnisse von Insekten bekannt ist. In ersten Studien haben Forscher der University of Sidney 2019 nachgewiesen, dass diese Tiere sehr viel schmerzempfindlicher sind als bisher angenommen. Allein durch die enorme Anzahl an Tieren in einer industriellen Haltung sind Verletzungen an der Tagesordnung. Somit ist aus ethischer Sicht ein derartiger Umgang, bei dem regelmäßig Schmerzen und Schäden bei den Tieren in Kauf genommen werden, unbedingt abzulehnen. Bei den mit dem Genehmigungsverfahren verbundenen Tierversuchen werden die Insekten den Versuchstieren notfalls mit Magensonden zwangseingeführt. Da Versuche an Nagetieren keinen Rückschluss darauf geben, wie sich der Verzehr beim Menschen auswirken würde, sind sie unnötig und zudem äußerst qualvoll.

Verbraucher dürfen nicht belogen werden
Es ist überaus wichtig, dass auch in der Gesellschaft eine Sensibilität dafür geschaffen wird, dass Insektenprotein keine Lösung für den übermäßigen Fleischkonsum und die damit verbundene Klimaproblematik ist. Nur der Weg zur pflanzlichen Alternative ist denkbar und wenn es unbedingt tierisches Eiweiß sein muss, könnte Clean Meat (Fleisch aus dem Labor) ein Ansatz sein, wobei auch hier ausführliche Studien und Konzepte fehlen, die das Thema von der Lebensmittelsicherheit bis zum CO2 beleuchten. Protein aus Insekten ist Verschleierung, Greenwashing und sogar Verschlimmerung des Kernproblems an Fleischproduktion und -verzehr. Professor Dr. Wilhelm Windisch vom Lehrstuhl für Tierernährung an der TU München sagt: „Wenn man Insekten im industriellen Maßstab züchtet, bedeutet das Abermillionen von Tieren auf engstem Raum – was den Einsatz von Medikamenten sehr wahrscheinlich macht. Wir wissen nicht, von welchen Krankheiten diese Tiere alle befallen werden und welche Hygieneprobleme wir uns bei einer Massenproduktion einfangen.“ Des Weiteren sei der Eiweißgehalt überhaupt nicht so hoch, wie es in vielen Publikationen angepriesen wird. „Einen großen Teil des vermeintlichen Eiweißgehalts vieler Insekten macht das Chitin aus. Es wird bei der Analyse irrtümlich miterfasst, ist jedoch selbst kein Eiweiß und hat auch sonst keinen Nährwert. Ohne das Chitin enthalten Insekten ähnliche Gehalte und Qualitäten an Eiweiß wie andere Nutztiere auch“, berichtet hierzu Windisch. Besonders zu erwähnen ist hierbei auch die Kalorienverschwendung. Insekten in der Massenproduktion können nicht einfach mit Abfällen gefüttert werden, sie benötigen hochwertiges Futter, um den hohen Standard der Nahrungsmittelproduktion zu entsprechen. Dieser Meinung ist auch Professor Dr. Windisch: „Wahrscheinlich müsste man Berge von Salat anbauen. Es wäre dann wohl effizienter, diesen Salat gleich selbst zu essen.“

Und wieder einmal zeigt sich ganz klar, dass eine pflanzenbasierte Ernährung der einzig gangbare Weg ist, um unsere Ressourcen zu schonen und den Planeten Erde nachhaltig zu schützen.

Zurück