Pferderennen erneut in der Kritik
Der Deutsche Tierschutzbund hat Zahlen aus dem Galopprennsport für 2023 veröffentlicht. Die Daten sind alarmierend: 20 Rennpferde lahmten, 18 Tiere litten an Nasenbluten, in 40 Fällen setzten die Jockeys die Peitsche falsch oder zu häufig ein. Bei mindestens sechs Pferden endete ihr Einsatz im Rennsport sogar tödlich.
Pferde am Limit
„Die Pferde müssen in den Rennen grenzwertige Leistungen erbringen. Immer wieder brechen sich Pferde ihre Beine und ihre Lungen bluten – das zeigt, dass die Tiere ihre leistbaren Kapazitäten überschritten haben. Wer zudem einmal ein pumpendes, also überaus stark atmendes Pferd nach dem Rennen gesehen hat, und beobachtet, wie lange es dauert, bis es sich wieder erholt hat, vergisst das nicht. Den Pferden steht die Panik in den Augen. So eine Leistung würden sie unter natürlichen Bedingungen nur vollbringen, wenn es um Leben und Tod ginge“, sagt Andrea Mihali, Leiterin der Abteilung für Interdisziplinäre Themen beim Deutschen Tierschutzbund.
Die Rennordnung, auf die die Veranstalter häufig verweisen, nützt in erster Linie den Pferdebesitzern und dem Renngeschehen; die Pferde werden darüber nicht annähernd angemessen geschützt. Galopprennen bergen ein hohes Verletzungsrisiko, das die Verantwortlichen für den Erfolg in Kauf nehmen. Und so kommt es vor Ort häufig zu schweren Verletzungen. Pferde, die sich z.B. ein Bein brechen, muss ein Veterinär meist noch vor Ort töten.
Auch werden immer wieder viel zu junge Pferde für den Sport eingesetzt, was in vielen Fällen zu schweren – und häufig irreparablen – Leiden der Tiere führt. Pferde sind mit frühestens drei Jahren so weit entwickelt, kleinschrittig und behutsam eingeritten und trainiert zu werden. Diese Tatsache wird bei Rennpferden komplett ignoriert; so zeigen die Zahlen, dass 57 Prozent der voll im Galopprennsport eingesetzten Pferde zwischen drei und vier Jahren alt waren. Sieben Prozent waren sogar erst zweijährig.
Fragwürdige Haltungsbedingungen
„Die Pferde werden regelrecht verheizt! Man nimmt einfach in Kauf, dass sie sich überanstrengen oder verletzen und mit sehr geringem Alter schon wieder als nicht erfolgreich aussteigen. Das steht nicht im Einklang mit dem Tierschutzgesetz und man fragt sich, wo diese Hunderte von Rennpferden nach ihrer Karriere landen“, so Mihali. Auch die Haltungsbedingungen sind oft tierschutzrelevant: So verbringen einjährige potenzielle Rennpferde meist den Großteil des Tages in den Boxen der Trainingsställe anstatt Freilauf mit Artgenossen zu erleben. Die Leitlinien zum Tierschutz im Pferdesport schreiben jedoch vor, dass alle Pferde mindestens bis zu einem Alter von 30 Monaten in Gruppen zu halten sind.
Bittere Wahrheit: Der Verband „Deutscher Galopp“ hält - im Gegensatz z.B. zur Schweiz - nach wie vor daran fest, dass es zulässig sei, Pferde mit bis zu drei Peitschenhieben zu noch höherer Geschwindigkeit anzutreiben - obwohl in Studien nachgewiesen wurde, dass Peitschenhiebe die Pferde oft aus dem Takt bringen und so das Risiko für Verletzungen erhöhen. Hinzu kommt, dass fast 100 Prozent der aktiven Rennpferde unter schmerzhaften Magengeschwüren leiden. Nachgewiesene Ursachen sind u.a. die großen Mengen an Kraftfutter, die Rennpferde erhalten, um ihren Energiebedarf zu decken, sowie ein hohes Stresslevel durch die Trainings, Rennen und die oft nicht erfüllten artgerechten Bedürfnisse nach Sozialkontakt.
Quelle: Deutscher Tierschutzbund