Vermehrer entsorgen Tiere – die Nachwirkungen des Haustierbooms

Auf den ersten Blick sehen die Katzen gesund aus…
Auf den ersten Blick sehen die Katzen gesund aus…

Mit wachsender Unruhe und Besorgnis beobachteten wir die Vorkommnisse der letzten Wochen und Monate und mittlerweile haben wir täglich mit Fällen zu tun, die uns wütend und fassungslos machen. Vor wenigen Tagen erhielten wir einen Anruf, dass eine junge Katze in einem Transportkorb im Hinterhof eines Lebensmittelladens gefunden wurde. Die Kiste stand auf einem Müllcontainer und die Mitbürgerin erzählte, dass sie durch das laustarke Miauen auf das eingesperrte Tier aufmerksam wurde. Wir machten uns also auf den Weg, um besagtes Fundtier abzuholen.

Die Nachricht des Fundes machte schnell die Runde und plötzlich stand das Telefon bei uns im Tierheim nicht mehr still. Mit den wildesten Geschichten meldeten sich bei uns Personen, denen die Katze angeblich gehört! Auch für das Entsorgen im Transportkorb auf der Müllhalde kamen dubiose Erklärungsversuche zum Einsatz, um uns davon zu überzeugen, das Tier (kostenlos, weil Fund!) rauszugeben. Eine Frau jedoch kam zu uns ins Tierheim und konnte genau die Transportkiste und die Decke darin beschreiben und plötzlich kam eine unglaubliche Geschichte ans Licht. Die Frau hat das Kätzchen vor einem Monat über eine Kleinanzeige gekauft, es kam jedoch schnell heraus, dass es ernsthaft krank war. Der Tierarzt stellte einen sehr starken Befall von Giardien fest. Die Darmparasiten waren für die heftigen Durchfälle verantwortlich. Die Käuferin ging daraufhin mitsamt der Katze und der Tierarztrechnungen zurück zur Händlerin, um sie über das kranke Tier zu informieren und wenigstens einen Teil der Ausgaben zurückzubekommen. Die Händlerin entriss ihr die Transportkiste und schlug der verdutzten Frau die Türe vor der Nase zu. Da Giardien hoch ansteckend sind, musste die Händlerin/Vermehrerin die Katze wieder loswerden, sie kontaktierte also uns und erfand die hanebüchene Geschichte vom Fund auf dem Müllcontainer.

Leider durften wir die Katze der Käuferin nicht zurückgeben, denn da der Kauf bzw. die „Ware“ illegal ist, sie nicht die rechtmäßige Besitzerin. Es handelt sich hierbei (obwohl es ein Tier ist) um „Hehlerware“.  Wir haben umgehend eine Anzeige gegen die Vermehrerin erstattet und das Veterinäramt hat sich sofort des Falls angenommen.

Ganz ähnlich war es, als eine Frau vor wenigen Wochen auf Facebook postete, dass ihr ein Kätzchen zugelaufen sei. Unter diesem Beitrag wurden nun Stimmen laut, dass die Frau das Tier bitte ins Tierheim bringen soll, wo es als Fundtier nun einmal auch hingehört. Andere User rieten ihr jedoch strikt davon ab mit der Begründung, das Tierheim würde daraus Profit schlagen. Netterweise markierte uns jemand in diesem Thread und so konnten wir die Dame darauf hinweisen, dass sie laut Gesetz dazu verpflichtet ist, das Tier zu uns ins Tierheim zu bringen. Schlussendlich wurde die Katze zu uns gebracht, die ausfallenden Beleidigungen und Drohungen, die uns dabei an den Kopf geworfen wurden, ersparen wir Ihnen hier im Detail. Mit Entsetzen mussten wir feststellen, dass dieses Kätzchen so schlimm verschnupft ist, dass es mit Sicherheit ein Auge verlieren wird! Mittlerweile haben wir drei Fälle von derart erkrankten Fundkätzchen hier bei uns im Tierheim sitzen …

Angeblicher Fundort: Müllcontainer
Angeblicher Fundort: Müllcontainer

Der illegale Handel mit Tieren kennt aktuell keine Grenzen! Die Pandemie hat den Wunsch bei vielen Menschen nach einem Haustier derart gnadenlos gemacht, dass jegliche Rationalität und Reflektion zu erliegen gekommen ist. Man WILL ein Tier und zwar SOFORT! Mittlerweile liegen die Preise für Katzenbabys bei eBay im Schnitt bei 400 €, Menschen rennen uns die Tore ein und freuen sich, weil die Schutzgebühr bei uns so „günstig“ ist. Während wir vor einigen Jahren noch rechtfertigen mussten, warum ein Tier aus dem Tierschutz überhaupt Geld kostet, so ist vielen Mitbürgern mittlerweile alles recht. Hauptsache sie können ihr Bedürfnis, ein Tier zu besitzen, umgehend befriedigen. Selbstverständlich machen wir mehr denn je unsere Hausaufgaben und keiner bekommt ein Tier bei uns einfach nur weil er es jetzt gerade unbedingt will. Unsere Backgroundchecks sind sogar noch gründlicher geworden, einfach weil einem die Menschen im Moment teilweise das Blaue vom Himmel herunter lügen, nur um an ein Tier zu kommen.

Wir haben festgestellt, dass sich manche User bei Facebook aktiv „auf die Lauer legen“ und nach Fundtieren schauen, nur um dann schnellstmöglich „MEINS!“ schreien zu können. Wir fragen uns ernsthaft, wann so vielen Mitbürgern der gesunde Menschenverstand abhandengekommen ist? Es handelt sich bei Tieren um fühlende Lebewesen, die zu Schmerz und Leid fähig sind! Wir bekommen Anrufe, wo explizit nach Katzenbabys (!) gefragt wird. Und wenn wir dann sagen, dass die Kitten noch gesäugt werden, kommt als Antwort, dass man den Katzenbabys selbst die Flasche geben will!

Der Tiermarkt ist derzeit leergefegt, junge Tiere bekommt man fast nur illegal. Wir werden nicht müde Aufklärungsarbeit zu leisten und können zumindest sagen, dass einer illegalen Vermehrerin (siehe oben) hier im Kreis jetzt das Handwerk gelegt wird! Helfen Sie uns dabei und wenden Sie sich an die Polizei, das Veterinäramt oder an uns, wenn Ihnen verdächtige „Züchter“ auffallen. Die Leidtragenden sind die Tiere und solange die Nachfrage so hoch ist, werden Vermehrer weiterhin ihr grausames Geschäft mit dem Leben machen, Tiere als Zuchtmaschinen missbrauchen und kranke Jungtiere zum Höchstpreis verkaufen!

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